Stellungnahme zu den beiden Handlungsrahmen des Kultusministeriums

14.01.2022

Der SLVN begrüßt die Erstellung von Handlungsoptionen des Kultusministeriums zur  Unterstützung der Schulleitungen im Falle drastischer Personalausfälle. Dadurch wird deutlich: Auch die Arbeit in Schulen ist systemrelevant und erhält ein „Notfallmanagement“.
Die vorgelegten Handlungsrahmen erscheinen funktional; einmal mehr, da die Entscheidungskompetenz vollständig – wenngleich mit Wissen der RLSB – in die Hände der Schulleitungen vor Ort gelegt wird. Das zeugt von Wertschätzung und Vertrauen in die Arbeit von Schulleitungen. Leider findet sich dieses wichtige Statement nur im Begleitbrief an die Schulleitungen, Lehrkräfte und Mitarbeiter*innen wieder, nicht aber in den Briefen an Eltern und Schüler*innen; und auch nicht so klar in den Handlungsrahmen selbst.

Bei den ABS-Handlungsoptionen kann der SLVN kaum neue Ideen zum Umgang mit massiven Personalausfällen entdecken: Gerade Schulen mit schlechter Unterrichtsversorgung müssen schon seit längerer Zeit den Ganztag und ggf. auch Pflichtunterricht kürzen – seit Beginn der Pandemie sind Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter*innen flexibel auch in der Notbetreuung eingesetzt. Neu ist lediglich die jetzt endlich ausgesprochene Möglichkeit Jahrgänge/Klassen ins Distanzlernen zu schicken, auch das wurde von Schulen schon gemacht, wenn bspw. Gesundheitsämter nicht erreichbar waren und aus Gründen des Infektionsschutzes Entscheidungen getroffen werden mussten.
Aber: Welche Optionen sollen greifen, wenn im Falle massiver Überlastungen die Gesundheitsämter erneut nicht erreichbar sind? Gibt es eine Task Force? Oder die vom SLVN unlängst geforderte funktionale Hotline? Welchen Gewinn für die Schulen hat eine Meldung an die RLSB, welche über den Handlungsrahmen hinausgehenden Maßnahmen und Handlungsoptionen werden durch diese Meldung freigesetzt? Wie wird dies helfen, die Verlässlichkeit und Betreuung an einer Grundschule zu sichern? Wie werden die ggfs. mit SL-Aufgaben betrauten Lehrkräfte bei Ausfall der Schulleiterin/ des Schulleiters vor Ort durch die RLSB unterstützt? Oder dient diese Meldung ausschließlich der Kontrolle?

Bei den BBS-Optionen wurde grundsätzlich dem Grundgedanken der eigenverantwortlichen Schule Rechnung getragen und der Handlungsspielraum von Schulleitungen an berufsbildenden Schulen weiter gefasst. Positiv hervorgehoben werden muss, dass die Berufseinstiegsschule gesondert berücksichtigt wurde. Der SLVN hätte sich partiell eindeutigere Formulierungen gewünscht und hofft, dass die von uns positiv gesehenen Handlungsspielräume, bei entsprechender Nutzung auch die notwendige Rückendeckung finden. Als problematisch sehen wir die Formulierung, dass „Lehrkräfte (…) in Quarantäne – sofern nicht erkrankt – Aufgaben übernehmen sollen“, die unnötig zu Verwirrung führt, da es sich unseres Erachtens nur um Lehrkräfte handeln kann, die in Quarantäne sind und nicht positiv getestet wurden.

Fazit:
Die beiden Handlungsrahmen des Kultusministeriums bemühen sich darum, den Schulen in der möglichen Krise beizustehen. Schulleitungen sollen hierbei die Hauptverantwortung übernehmen und können hierbei auf das Vertrauen des Kultusministeriums bauen.
Der SLVN unterstützt dieses Vorgehen, fordert aber noch weitergehende Schritte: Wir denken an die kurzfristige Unterstützung der Schulen durch Mitarbeiter*innen aus den RLSB und dem NLQ, um endlich mehr Personal in die Schulen zu bekommen. Weiterhin wäre es zweckdienlich, dass die Schulleitungen eigenverantwortlich kurzfristig z.B. befristete Arbeitsverträge für Vertretungskräfte schließen könnten. Dazu gehört, dass das dann durch Musterarbeitsverträge verbindlich und kurzfristig realisiert werden kann.
Außerdem sollte beim MK eine zentrale Beratungsinstanz (Telefonhotline) mit erfahrenen Schulleiter*innen, Schulpsycholog*innen, Dezernent*innen, Jurist*innen installiert werden, die dauerhaft erreichbar ist und die Schulleitungen bei der Lösung der sehr unterschiedlichen Problemlagen berät, unterstützt und gegebenenfalls auch selbst aktiv wird.
Aus dem Dilemma des landesweit in unterschiedlichem Maß fehlenden Personals in bestimmten Regionen führen uns die hier vorgelegten Handreichungen allein nicht heraus: Gerade die kleineren Schulsysteme bedürfen anderer Maßnahmen.

Schließlich muss das MK auch öffentlich dazu stehen, dass die „Verlässlichkeit“ nicht mehr unter allen Umständen gewährleistet werden kann; um damit den Druck von den Schulleiter*innen vor Ort zu nehmen.

Dr. René Mounajed | Judith Brandes-Bock | Sandra Heidrich | Stephan Lindhorst | Carsten Melchert | Angelika Meyer | Sven Winkler