SLVN – Sommerbrief 2020

Hannover, 13. Juli 2020

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!

Noch einmal möchten wir uns vor den Sommerferien zum Ausklang des Schuljahres 2019/20 an Sie wenden. Die unerwarteten Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie im zweiten Schulhalbjahr mögen uns wie ein Alptraum vorgekommen sein. Die z.T. dramatischen Rückmeldungen der Kolleginnen und Kollegen in den letzten Wochen unter corona@slvn.de zeugen von der großen zusätzlichen Belastung, der nicht aufhörenden Anspannung. Aber es hat sich auch die Bereitschaft und das außerordentliche Engagement der Schulleitungen gezeigt, dieser Krise angemessen begegnen zu wollen. Auch die politisch Verantwortlichen haben in dieser Zeit ihr Bestes gegeben, ein Handeln im Großen und Ganzen mit Augenmaß
– mitunter spät und nicht immer zu unserer Zufriedenheit. Unser Kultusminister hat sich löblicherweise nicht am Ranking hinsichtlich der schnellen Lockerung der Schulen mancher Amtskolleg*innen beteiligt, sondern hat uns mit der sukzessiven, 14 tägigen jahrgangsweisen Öffnung Zeit zur Umsetzung der Vorgaben eingeräumt. Gleichwohl sind die Umsetzungen aller Hygienemaßnahmen zunehmend schwierig und herausfordernd gewesen; zumal die Schulträger im Land unterschiedlich professionell agiert haben. Auch die Unterstützung durch die Dezernate der Niedersächsischen Landesschulbehörde erwies sich in unterschiedlicher Qualität hilfreich. Dennoch gilt aus unserer Perspektive heute: Wir alle sind diesem pandemischen Alptraum nach bestem Wissen und Gewissen mit aller Kraft und Anstrengung begegnet.
Der Vorstand des SLVN weiß es zu schätzen, wie andere Verbände auch, dass es dem Kultusminister immer wichtig war und ist, den Rat und unsere Expertise als Schulleitungen vor Ort einzuholen. Dabei war es auch möglich, ihm die Sorgen und Nöte einzelner Mitglieder persönlich vorzutragen, die er durchaus ernst genommen hat. In diesem Kontext haben wir die Rolle der Personalvertretung für die Schulleiterinnen und Schulleiter aller Schulformen im Land gerne übernommen, auch wenn dies uns mitunter an den Rand unserer eigenen Kapazitäten geführt hat. Wir haben uns über die vielen, sehr positiven Rückmeldungen zu unserer Arbeit gefreut und möchten Ihnen dafür herzlich danken. Ihre Wertschätzung, Ihre konstruktiven Beiträge – und auch manche kritischen Zwischentöne – haben uns immer wieder neu motiviert, weiterzumachen und sich Ihrer und damit auch unserer aller besonderen Anliegen in diesen Corona-Zeiten anzunehmen.
Es bleibt nun abzuwarten, welches der drei Szenarien „Schule in Corona-Zeiten 2.0“ nach den Sommerferien unseren Alltag bestimmen wird. Auch hier sehen wir – insbesondere im Hinblick auf Szenario A, des eingeschränkten Regelunterrichts, nicht vorhersehbare Herausforderungen auf uns zukommen, denen wir nur gemeinsam als Schulleitungen begegnen sollten, denn schon jetzt zeichnen sich mögliche Schwierigkeiten ab, z.B. in Bezug auf den Umgang mit vulnerablen Lehrkräften oder die Frage der unzureichenden Unterrichtsversorgung.

Der SLVN wird sich dafür einsetzen, dass Kolleginnen und Kollegen, die zur Risikogruppe zählen und ein ärztliches Attest vorlegen, nicht ohne Weiteres wie bisher in die Schulstatistik einfließen. Ihr Einsatz im Homeoffice ist nur sehr begrenzt möglich, die im Leitfaden angedachten Tätigkeitsbereiche nur ansatzweise pragmatisch. Sie decken nicht den Bedarf schulischer Belange und damit die reale Unterrichtsversorgung ab. Die Schulen benötigen jetzt Personal am Ort!
Ob die Kolleg*innen als Beamte des Landes im Homeoffice andere Aufgaben für das Land übernehmen können, könnte geprüft werden. Individuelle Vereinbarungen zum außerunterrichtlichen Einsatz, ähnlich der BEM-Verfahren, wären denkbar. Denn viele Kolleg*innen, die zur Risikogruppe zählen, scheuen den vollen, aber wünschen sich einen teilweisen Einsatz in der Schule.
Gerade um die Verlässlichkeit an den Grundschulen vor dem Hintergrund der vulnerablen Lehrkräfte garantieren zu können, bedarf es zusätzlicher Ressourcen. So sollte die Einstellung zusätzlicher pädagogischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unkompliziert erfolgen. Hier zeigen sich an einigen Schulstandorten bereits jetzt dramatische Versorgungsengpässe.

Der SLVN begrüßt die Möglichkeit, für die Jahrgänge 7-13 Homelearningtage einrichten zu können, in Eigenverantwortung und abhängig von den Ressourcen der jeweiligen Schule.

Der SLVN sieht aufgrund der vielfältigen Erfahrungen mit dem Homeschooling, dem „Lernen zu Hause“, die Dringlichkeit, die Digitalisierung an den Schulen schnellstmöglich und umfassend voranzubringen. Dies wird auch über Covid-19 hinaus ein zentrales Thema des neuen Schuljahres sein, für das der SLVN mit Stellungnahmen an die Politik und an die Schulträger herantreten wird. Dabei wird es darum gehen, nicht lokal vereinzelt und dort pressewirksam den Digitalpakt umzusetzen, sondern in der Fläche gleiche Bedingungen zu schaffen, um so zunehmend Bildungsgerechtigkeit anzustreben. Gerade sozial schwächer aufgestellte Haushalte müssen schnell und professionell unterstützt werden. Und es bedarf nach wie vor der dringend benötigten personellen (Administratoren etc.) und finanziellen (Endgeräte etc.) Ausstattung sowie der Verbesserung der technischen Infrastruktur, und zwar in einem zeitnahen, für die Schulen absehbaren Rahmen.

Für die Berufsbildenden Schulen werden die Schülerzahlen im kommenden Schuljahr ein brisantes Thema. Die Unsicherheiten auf dem Ausbildungsmarkt machen sich zunehmend
bemerkbar. Hier ist es wichtig, dass die in der Handreichung geforderte „Als-ob-Statistik“ nicht zum Dogma wird. Mit diesen Zahlen muss seitens der NLSchB und des MK angemessen, flexibel und praktikabel umgegangen werden. Es darf den berufsbildenden Schulen – d.h. der Berufsschule, aber auch den verschiedenen Vollzeitschulformen – nicht durch Vorgaben die Möglichkeit zum eigenständigen flexiblen Agieren und Reagieren auf regionale Besonderheiten genommen werden.

„Die Einzelschule entscheidet vor Ort nach ihren Möglichkeiten“ – dies ist und bleibt unser aller Minimalkonsens, für den wir als SLVN uns einsetzen und kämpfen. Gern können Sie uns weiterhin als „Sprachrohr“ nutzen und Ihre Anliegen uns unter corona@slvn.de mitteilen, die wir an das Kultusministerium weitergeben und die in unsere Statements einfließen.
Unsere Herbsttagung werden wir in diesem Jahr aufgrund der Ungewissheiten der Infektionslage im September nicht durchführen. Wir planen zum Ende des Jahres, ggf. Beginn des neuen Jahres, verschiedene Regionaltagungen, um mit Ihnen im regionalen Kontext näher in Verbindung zu treten und die Gegebenheiten der Schulleitungen vor Ort zu begleiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nun ist es erst einmal Zeit für eine Auszeit ohne Schule: Ruhe, Erholung, Entspannung, Durchatmen, Kopffreimachen, Kraftschöpfen, Privates genießen und den Horizonterweitern, für all das, was in dieser Corona-Schulzeit zu kurz gekommen ist.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen erholsame Ferientage! Bleiben Sie gesund und munter und verlieren Sie nicht den Humor (s.Karikatur von Dr. K. Gurski), der uns hilft, mit manchen Dingen besser umzugehen.

Im Namen des SLVN-Vorstands

Andrea Kunkel | Katharina Badenhop | Stephan Lindhorst | Dr. René Mounajed