Alles so schön bunt hier

Alles so schön bunt hier

Die neuen Handlungsrahmen vom 1. Februar 2022: sehr schön bunt – Neues Layout – aber leider keine guten Neuigkeiten!

Es ist für viele Schulleitungen keineswegs überraschend, dass die zuständigen Gesundheitsämter schon lange nicht mehr oder nur sehr schwierig für sie zu erreichen sind. Der SLVN hatte dies in der Vergangenheit bereits häufig bemängelt, konkrete und feste Ansprechpartner*innen für die Schulleitungen wurden aber nur in seltenen Fällen benannt. Abhilfe wurde bis heute nicht geschaffen. Eine Verschriftlichung des Mantras „Die für Schulschließungen zuständige Behörde ist das Gesundheitsamt“ verändert nichts daran, dass diese Aufgabe in weiten Teilen dort nicht mehr wahrgenommen wird. Stattdessen stehen wiederum die Schulleitungen in der Beratungspflicht und Erklärungsnot gegenüber Schüler*innen, Eltern und Kollegen*innen. Ein Entscheidungsvakuum ist die Folge!

Eine Kollegin beschreibt dies in einem Brief an uns sehr eindrucksvoll:

„Nach ordnungsgemäßer täglicher Meldung wundere ich mich langsam, dass ich offiziell keinen Kontakt mit dem Gesundheitsamt bekomme. Die Überlastung ist mir bewusst. Was mir fehlt, ist die ehrliche Kommunikation. Ich erwarte von der Politik die offizielle Stellungnahme, dass Schulen auch bei enorm hoher Inzidenz nicht geschlossen werden – weder durch das Gesundheitsamt, noch durch die Schulleitung und schon gar nicht durch die RLSB, die laut Aussage des Dezernenten ebenfalls keine Schulschließungen verordnen dürfen. Schon lange Zeit habe ich mich in meinen Entscheidungsmöglichkeiten nicht mehr so eingeschränkt gefühlt und noch nie musste ich Entscheidungen in dieser Tragweite durchsetzen, die ich in dieser Form nicht mittrage und für verantwortungslos halte.“

Die Kollegin fordert hier Ehrlichkeit ein und benennt ein weiteres Problem: Wir Schulleitungen sind in unseren Handlungen eingeschränkt, erhalten nicht die Gesamtverantwortung über einen Szenarienwechsel: Traut uns der Kultusminister schlussendlich diese Verantwortung nicht zu? Es scheint so! Deshalb einmal in aller Deutlichkeit: Herr Tonne, vertrauen Sie endlich den Schulleitungen vor Ort! Sie haben jetzt zwei Jahre lang bewiesen, dass sie es können – und zwar trotz aller Widrigkeiten!
Natürlich wollen auch wir die Schulen offen halten – wenn es in vertretbarem Rahmen möglich ist! ABER: Der Gesundheitsschutz muss nach wie vor allerhöchste Priorität haben! Dass wir stattdessen beraten werden, wo wir im Engpass Tests erhalten, ist vielen Kolleg*innen bereits übel aufgestoßen.

Und die Tatsache, dass Ministerien und Behörden seit Monaten nur noch aus dem Homeoffice agieren und vor Ort an den Schulen nicht unterstützen dürfen – selbst die Fachkraft für Arbeitssicherheit darf nicht in die Schulen kommen (!) –, wirkt vor dem Hintergrund, dass Lehrkräfte und Schulleitungen täglich mit 100, 500, 1000, 2000 Menschen zusammenkommen (je nach Schulgröße), geradezu grotesk.
So langsam aber sicher geht auch wohlmeinenden Schulleitungskollegen*innen die Luft aus. Kraft ist nicht mehr da! Bitte nehmen Sie das endlich zur Kenntnis und sorgen Sie für ECHTE Entlastung! Handlungsrahmen, die keine neuen Handlungsmöglichkeiten offenbaren, sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Da hilft auch keine bunte Farbe!

Wenn dann in der Rundverfügung vom 4.2.22 noch festgelegt wird, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr erfahren dürfen, dass eine Schülerin/ein Schüler an COVID-19 erkrankt ist, dann wird deutlich, wie weit weg diese Handlungsempfehlungen vom schulischen Alltag sind:

„Weder dem Kollegium, noch den Schülerinnen und Schülern oder Erziehungsberechtigten darf mitgeteilt werden, welche konkrete Person an Corona erkrankt ist und sich in Isolierung befindet. (…) Für Schulen gibt es darüber hinaus keine Rechtsgrundlage, den Impf- bzw. Serostatus der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich COVID-19 abzufragen.“ (Seite 11, RV 2-22)

Könnte man dann nicht die Testpflicht im selben Atemzug abschaffen?
Generell stellt die Nicht-Erfassung des Impfstatus unserer Meinung nach eine klare Fehlentscheidung dar. Wenn es keine Rechtsgrundlage zum Abfragen des Impfstatus‘ gibt, erwartet der SLVN vom Kultusministerium, dass diese geschaffen wird!

Mit freundlichen Grüßen
Dr. René Mounajed | Judith Brandes-Bock | Stephan Lindhorst | Carsten Melchert | Angelika Meyer | Jan Pössel | Sven Winkler