Stellungnahme zur geplanten Veränderung der Schulinspektion

Zum Abschlussbericht bezüglich der Weiterentwicklung der Niedersächsischen Schulinspektion nimmt der Schulleitungsverband Niedersachsen wie folgt Stellung:
Mit der Einführung der Eigenverantwortlichen Schule ist die Steuerung der Bildungsprozesse in Niedersachsen konzeptionell neu gefasst worden. Entgegen der bisher vorherrschenden Top-Down-Steuerung wird nun durch das Kultusministerium neben der Bereitstellung von Ressourcen ein Handlungsrahmen formuliert (Orientierungsrahmen für Schulqualität in Niedersachens), innerhalb dessen die Schulen in Eigenverantwortung den Bildungsauftrag erfüllen und ihre Qualitätsentwicklungsprozesse selbst steuern. Dabei sollen sie in jährlichem Rhythmus ihre Arbeit intern evaluieren und verbessern.
Gleichzeitig ist den Schulen über die Einrichtung der Schulinspektion ein Modul externer Evaluation an die Seite gestellt worden, um sie durch Außensicht in ihrem Qualitätsentwicklungsprozess zu stärken. Das damalige NiLS (heute NLQ) sollte die Schulen in ihrer Arbeit unterstützen, der Landesschulbehörde ist neben der dienstaufsichtlichen Zuständigkeit auch eine verstärkt unterstützende und beratende Funktion zugewiesen worden.
Die vorliegenden Erkenntnisse über den bisherigen Verlauf des ersten Inspektionszyklus weisen aus, dass die Inspektion von allen Beteiligten grundsätzlich positiv gesehen wird, von ihr gehen wichtige Impulse für die Qualitätsentwicklung der Einzelschule aus. Insbesondere die Schulleiterinnen und Schulleiter sagen zu einem hohen Prozentsatz, dass sie durch die Schulinspektion für die Entwicklung der Schulqualität wichtige Erkenntnisse und Anregungen erhalten hätten.
Die Neuausrichtung der Schulinspektion sieht nun vor, dass von einer Regelinspektion aller Schulen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abgerückt wird, ein verschlanktes Kernverfahren soll lediglich ergänzende Funktionen haben. Stattdessen wird die künftige Schulinspektion einen Anlassbezug und einen stärkeren Schulformbezug bekommen. Ein Erkenntnisinteresse des Kultusministeriums wird zum zentralen Bestandteil der künftigen Inspektionen.
Der Schulleitungsverband betrachtet das Vorhaben weniger als eine Neuausrichtung der Schulinspektion, sondern als ein Ersetzen der Inspektion durch ein Bildungsmonitoring. Im Zentrum stehen Erkenntnisinteresse des Ministeriums zu bildungspolitischen Entscheidungen, weniger eine Rückmeldung an die Schulen über die qualitativen Merkmale ihrer Schulentwicklung.
Dies hebt den ursprünglich vorgesehenen Qualitätsentwicklungszyklus auf, eine wichtige Säule im Gefüge der Eigenverantwortlichen Schule, die ihr Hauptaugenmerk auf die Qualitätsentwicklung richten soll, geht verloren. Im neuen Konzept ist nicht vorgesehen, dass alle Schulen nach dem Kernverfahren inspiziert werden. Es ist zu erwarten, dass viele Schulen gar keine externe Rückmeldung mehr erhalten werden.
Das Inspektionsverfahren insgesamt zu verschlanken, ist im Rahmen eines Evaluationsprozesses vorstellbar und ggfs. sinnvoll. Hierüber wäre allerdings eine Debatte zu führen. Die Frage etwa, ob der Orientierungsrahmen in seiner Komplexität vollständig in der Inspektion abgebildet werden muss oder ob es, wie in der Planungsgruppe vorgeschlagen, eine reduzierte Form des Kernverfahrens geben soll, wäre zu erörtern. In der jetzt vorliegenden Fassung fehlen dem SLVN beispielsweise der Qualitätsbereich 3 Schulkultur und im Qualitätsbereich 6 die Optimierung des Schulumfeldes und der Rahmenbedingungen, die aus Sicht des Verbandes ein gewichtiges Qualitätsmerkmal für schulische Arbeit darstellt.
Für den Verband muss das Kernverfahren weiterhin zentraler Bestandteil der Schulinspektion bleiben. Anlassbezug und Schuformbezug müssen sich dem allgemeinen Kernverfahren zuordnen. Ein bestimmtes Erkenntnisinteresse des Ministeriums ist legitim. Es wäre bereits in die bisherige Konzeption der Schulinspektion einzubringen gewesen, ohne dass hiervon allerdings Gebrauch gemacht worden war.
Es bleibt festzustellen, dass die im Beirat kritischen Anmerkungen der Verbände keinen Niederschlag in die Endfassung des Abschlussberichtes gefunden haben. Die politischen Zielvorgaben im Rahmen des Arbeitsauftrages für die Planungsgruppe wurden als viel zu einengend empfunden. Richtiger wäre es gewesen, die Befunde des ersten Inspektionszyklus genau zu analysieren und herauszuarbeiten, welche Konsequenzen zu ziehen sind, auf welche Art beispielsweise die Schulen in den erkannten Verbesserungspotentialen unterstützt werden können, damit sie in der Frage der Schulqualitätsentwicklung Fortschritte machen können.
In der vorliegenden Entwurfsfassung kann der SLVN Niedersachsen der künftigen Struktur einer Schulinspektion nicht zustimmen.
Aus Sicht des Verbandes wird hier eine sich an den Schulen entwickelnde Kultur der Qualitätsüberprüfung der eigenen Arbeit, die vorher kein selbstverständlicher Bestandteil schulischen Arbeitens gewesen war, abgebrochen. Dies schmälert die Handlungs- und Wirkungsmöglichkeiten der Eigenverantwortlichen Schule.