IGS: Änderung des nieders. Schulgesetzes

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Schulgesetzes der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 16/1206

Der Schulleitungsverband nimmt Stellung zu drei Punkten:

  1. mit Blick auf die Schulleitungen der angesprochenen Schulformen
  2. mit Blick auf ein „begabungsgerechtes Bildungsangebot“ für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern
  3. mit Blick auf die letzte Gesetzesänderung 2004 bezogen auf den gymnasialen Bildungsgang

 
zu 1)
Inzwischen stimmen alle Fraktionen im niedersächsischen Landtag dem Anliegen unseres Verbandes zu, dass die Schulleitung das wichtigste Element einer gut geführten Schule ist. Wenn man schon erneut eine Veränderung des Gesetzes in Angriff nimmt, fordert der SLVN in dieser Hinsicht eine Erweiterung des Schulgesetzes um den Passus:
„Jede Schule hat einen Schulleiter/eine Schulleiterin und einen Stellvertreter/eine Stellvertreterin sowie Assistenzpersonal.“ Alles Weitere ist über Verordnungen und in Abstimmung mit den Schulträgern zu regeln.
Diese Verordnungen sollten aber folgenden Aspekt enthalten:
Unabhängig vom Ausgangslehramt gilt: Gleiche Besoldung für gleiche Arbeit!
Die SLVN-Forderung nach einer eigenen Arbeitszeitverordnung für Schulleitungen – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – sei hier noch einmal unterstrichen!
 
Bezogen auf die angestrebten Veränderungen in den Schulformen, Überführung der Vollen Halbtagsgrundschulen in Verlässliche Grundschulen, Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Realschulen und Umwandlung der Gesamtschulen mit Abitur nach 13 in Gesamtschulen mit Abitur nach 12 Jahren, nimmt der SLVN wie folgt Stellung:
 
Im Schulleitungsverband sind Schulleitungen aller Schulformen organisiert  und der SLVN stellt sich der Situation, mit den Konkurrenzen der Schulformen untereinander umzugehen.
 
Deshalb soll hier der Blick auf die Schulleitungsinteressen gerichtet werden.
Schulleitungen haben in den Jahren dieser Landesregierung zahlreiche neue Auflagen umsetzen müssen. Der SLVN hat die Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung (Entwicklung der Eigenverantwortung, die Einrichtung der Inspektion, die Einführung zentraler Prüfungen, die Veränderungen durch die curricularen Vorgaben, die Kompetenzorientierung usw., usw.) mitgetragen.
Inzwischen sind wir aber an einem Punkt der Veränderungen angelangt, der die Schulleitungen und ihre Kollegien aus der Bahn zu werfen droht.
 
Veränderungen müssen sinnvoll sein und ausreichend Führsprecher/innen und einen wertschätzenden zeitlichen Vorlauf haben.
Für manchen Schulleiter/Schulleiterin und für die Kollegien einer vollen Halbtagsgrundschule oder einer Integrierten Gesamtschule, z. T. mit 30-jährigen Traditionen, stürzt ein pädagogisches Lebenswerk ein. Lehrkräfte haben sich genau an diese Schulen beworben, Eltern haben genau diese Schulen für ihre Kinder gewollt. Hier geht es um pädagogische Konzepte, die aus Überzeugung entwickelt und im großen Einklang mit der Elternschaft, den Schulträgern, aber auch mit Politikern aller Couleur entworfen und verabschiedet wurden.
Evaluationsergebnisse (Inspektion und SEiS) weisen aus, dass diese Systeme in übergroßer Zahl gut gearbeitet haben. Der SLVN bittet hier ausdrücklich um Würdigung und Akzeptanz der Systeme!
 
Unbeantwortet bleibt die Frage, wie denn die gewünschte stärkere Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Realschule bezogen auf die Leitungspositionen aussehen kann.
Natürlich vertritt der SLVN die Meinung, dass dort, wo Kooperation gewünscht ist, sie auch stattfinden sollte. Aber in vielen Fällen hat der Hauptschulleiter von vornherein das Nachsehen gegenüber seinem Realschulkollegen. Und genau deshalb kommt eine Zusammenarbeit erst gar nicht zustande!
Eine Nachbesserung der Laufbahnverordnung ist hier unverzichtbar.
 
Ein Beispiel: Eine kombinierte HS/RS als GTS geführt, sucht Schulleitung, A 15 Besoldung. Die Ausschreibung sieht als Ausgangslehramt einen Realschullehrer /eine –lehrerin vor. Keine Bewerber/innen. Wiederholung der Ausschreibung – keine Bewerber/in. Erneute Ausschreibung mit Öffnung für Grund- und Hauptschullehramt, aber Reduzierung der Besoldung auf A 14. Ein Bewerber wird gefunden!
 
Hier muss nachgebessert werden: Unabhängig vom Ausgangslehramt muss gleiche Arbeit auch gleich besoldet werden! Es gibt viele weitere Beispiele.

zu 2)
Das Niedersächsische Schulgesetz verfolgt das Ziel, ein „begabungsgerechtes Bildungsangebot“ im Lande vorzuhalten. „Kein Kind darf verloren gehen!“
Diese Prämissen teilt der SLVN uneingeschränkt.
In eine abwechslungsreiche Schullandschaft gehört deshalb folgerichtig die Möglichkeit, sein Abitur nach 13 Jahren an Gesamtschulen oder über die Realschule in die gymnasiale Oberstufe zu erwerben genauso wie das Angebot des 12-Jährigen Bildungsganges an den Gymnasien und den meisten Kooperativen Gesamtschulen.
Nach SLVN-Erfahrungen sind ohnehin zahlreiche Schüler/innen als Wiederholer/innen 13 oder gar 14 Jahre auf dem Weg zum Abitur unterwegs. Insbesondere in IGSen und integrativ geführten KGSen spielen Integration, Heterogenität, Differenzierung und unterschiedliches Lerntempo eine Rolle. Dieses kommt dem Bestreben der Landesregierung entgegen, die Quote der Hochschulzugangsberechtigten (Allgemeine Fachhochschulreife und Allgemeine Hochschulreife) auf mehr als 40% zu erhöhen. Hierzu können ganz besonders die Gesamtschulen beitragen. Die deutlich gewachsene Akzeptanz nach Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges in der Bevölkerung und bei den Schulträgern untermauert dieses nochmals.
In der Begründung S. 4 unten lautet ein Satz „Obwohl die Erlasslage seit 2004 die Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife nach 12 Jahren ermöglicht, wird von den Integrierten Gesamtschulen hierzu kein Gebrauch gemacht. Eine gesetzliche Regelung erscheint daher als geboten.“ Diese Formulierung bewertet der SLVN als unredlich, denn die IGSen haben zu keiner Zeit das übergeordnete Ziel des gemeinsamen Lernens verlassen wollen.

zu 3)
2004 wurde der gymnasiale Bildungsgang auf 8 Jahre verkürzt. Die Schülerinnen und Schüler, die das erstmals betrifft, sitzen jetzt in der Einführungsphase der Oberstufe. In zwei Jahren machen diese Jugendlichen ihr Abitur und gelangen als „Doppeljahrgang“ in Wirtschaft und Universität.
Alle Jahrgänge darunter sind in Jahrgang 5 in den 8-Jährigen Bildungsgang gestartet.
Spürbar ist die Verdichtung von Lernzeit und Stofffülle. Es scheint so, als steige die Zahl an Wiederholerinnen und Wiederholern im gymnasialen Bildungsgang an. Die versprochene Reduzierung der Stofffülle ist noch unzureichend umgesetzt worden.
Die Gesamtschulen mit Abitur nach 13 bieten auf jeden Fall dazu eine Alternative.
Der SLVN empfiehlt der Landesregierung, Abstand zu nehmen, von dem Zwang der Lernbeschleunigung auf die Gesamtschulen, deren Schüler- und Elternschaft.
Es ist sinnvoll, zunächst einige Jahre zu beobachten und zu evaluieren, wie viele Jugendliche mit welchen Ergebnissen das Abitur in welcher Zeit erreichen. Hier ist die Frage nach den Wiederholerinnen und Wiederholern unablässig. Sinnvoll ist es, den Gymnasien und den Gesamtschulen nahezulegen, das Prinzip des Überspringens noch stärker mit Förderkonzepten zu begleiten. Praktiziert wird dieses bereits an den meisten Schulen, jedoch wäre hier die Systematik zu verbessern.
 
Helga Akkermann, SLVN-Vorsitzende
Jutta Klages, Pressearbeit