Die Herbst-Tagung des SLVN 2022 in Celle: „Schule im Ausbruch“

Es war ein „come together“ der besonderen Art: Unter weitgehend „normalen“ Bedingungen haben sich über 200 Mitglieder des SLVN endlich wieder in Celle begegnen können. Zur Erinnerung: Bereits 2021 haben wir dort in Präsenz getagt, aber mit sehr strengen Auflagen und stark limitierten Plätzen – und einem Vortrag online.

Dr. René Mounajed, 1. Vorsitzender des SLVN

Podiumsdiskussion

Besonders war es heuer ebenfalls, weil so kurz vor der Niedersächsischen Landtagswahl der amtierende Kultusminister Grant Hendrik Tonne der Einladung folgen konnte und auch ein Grußwort gesprochen hat. Auch die bildungspolitischen Sprecher:innen Stefan Politze (SPD), Christian Fühner (CDU), Pascal Mennen (Bündnis 90/Die Grünen, in Vertretung für Frau Julia Hamburg) und Björn Försterling (FDP) gaben dem SLVN die Ehre und haben im zweiten Teil der Veranstaltung im Rahmen einer Podiumsdiskussion Stellung zu den Forderungen des SLVN in Bezug auf nötige Veränderungen in der Bildungspolitik bezogen.
Zu Beginn der Veranstaltung verdeutlichte der Erste Vorsitzende des SLVN, Dr. René Mounajed, in seiner Rede, dass die aktuelle Krise (vor allem Personalengpässe) dazu führen müsse, dass die politisch Verantwortlichen unverzüglich neue Weichen stellten. Mounajed führte aus:

„Wir Schulleitungen schauen auf unsere Statistiken, unsere Versorgung, nehmen die Ansprüche aus dem Ministerium und den Regionalen Landesämtern wahr, erleben den Dienstleistungsanspruch vieler Erziehungsberechtigter hautnah und fragen uns, wie wir unter diesen Umständen eine Verlässlichkeit in Umfang und Inhalten gewährleisten sollen, wo doch das Fundament immer poröser wird – Tendenz steigend.“

Als ein „Verband betroffener Proffessionals“ lieferte der Vorsitzende dann allerdings auch konkrete Vorschläge des SLVN zur Überwindung der Krise:

  • Stärkung die Eigenverantwortlichkeit der Schulen: Schulen sollten zunehmend als Unternehmen / Organisationen begriffen werden, die eine Leitung haben, ein Management. Dieses Management müsse in den Stand gesetzt werden, vollverantwortlich und ohne Umwege über Dritte (Behörde) Entscheidungen über Art und Umfänge von Bildungsprozessen treffen zu können. Die Schulleitungen müssten also noch viel mehr als jetzt und viel stärker denn je mit Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet werden, um ihren verantwortbaren Bereich optimal zu führen.
  • Umsetzung einer Schulformgerechtigkeit: Nach wie vor gibt es eine Ressourcen- und Besoldungskluft: Der SLVN hat hier seit Jahrzehnten die gleichen Forderungen: Kein Leitungsamt unter A14, jede Leitung braucht eine Stellvertretung, jede Leitung braucht Leitungszeit usw. Für uns sind alle Schulformen gleich wichtig und gleich viel wert. Man möge aber bedenken, dass sich der Personalmangel an Grundschulen und an den Schulen besonders auswirken wird, wo schwierigeres Schüler:innen-Klientel und eine geringere Besoldung auf die Bewerber:innen warten – das kann auch nicht wegreguliert werden. Das muss geändert, gerecht angepasst werden!
  • Ausbildung von Schulleitungen: Schulleiter:innen müssen gut ausgebildet werden – und zwar nicht mit einem Crashkurs nach Ernennung, sondern im Rahmen einer Akademie vor der Übernahme des Amtes. Uns erreichen indes verstörende Nachrichten vom Reformprozess der QSL: Schmalspurkurse für neue Trainer*innen, verstärkt Online-Seminare für die neuen Schulleitungen – das wird billiger, aber nicht besser – es ist anscheinend genau das Gegenteil von dem in Planung, was wir wollen: Der SLVN fordert eine Ausbildung im Sinne einer Führungskräfte-Akademie.
  • Reform der Lehrkräfteausbildung: Sie dauert viel zu lange und die Universitäten halten nicht die Plätze vor, die wir brauchen. Man sollte über ein duales Studium nachdenken und die Inhalte und Leistungsnachweise beider Phasen überprüfen. Bislang zeigt sich hier ein Innovationsstau.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

Im Anschluss sprach der Kultusminister Grant Hendrik Tonne ein Grußwort und unterstützte zahlreiche Anliegen des SLVN. Zugleich bedankte er sich für die konstruktiv-kritische Zusammenarbeit in der letzten Legislatur-Periode und verwies auf den direkten und schnellen Draht zu den Vorsitzenden des SLVN in dieser Zeit, Andrea Kunkel und René Mounajed.

Nach der Pause hielt Prof. Dr. Olaf-Axel Burow seinen Vortrag zu „Schule im Ausbruch“ und gab den anwesenden Kolleg:innen ein Feuerwerk an Hintergründen zu Innovationsprozessen und an „best practice“ – Beispielen zu gelungenen Reformen in Schulen. Burow machte Mut, nicht auf Veränderungen von oben zu warten, sondern selbst loszulegen. Hierzu zeigte er unterschiedliche Wege und Möglichkeiten auf.

Die abschließende Podiumsdiskussion der bildungspolitischen Sprecher:innen unter der Leitung von Gesamtschuldirektor Timo Heiken griff viele Punkte des Tages noch einmal auf und war von einem starkem Engagement und einer profunden Sachkenntnis zu aktuellen bildungspolitischen Fragen bei allen Beteiligten geprägt. Es bleibt zu hoffen, dass die Forderungen des SLVN auch nach der Wahl in die Koalitionsverhandlungen eingehen und dass sich im bildungspolitischen Bereich in Niedersachsen etwas bewegt.

Viele Teilnehmer:innen spiegelten dem Vorstand im Anschluss wider: Diese Tagung war rund, intensiv und anregend. Wir danken allen Beteiligten für die Organisation und für die Beiträge!
Der Vorstand des SLVN freut sich auf ein Wiedersehen mit allen Mitgliedern am 5.10.2023 zur Herbst-Tagung in Celle.