Forderungskatalog an die Kommunalen Spitzenverbände zum 01.04.2025 Zugleich öffentliche Stellungnahme des SLVN Niedersachsen e.V.

Nicht unsere Profession – Schulleitungen sind weder Schulhausmeister:innen noch Streikbrecher:innen

Die Warnstreiks der letzten Wochen haben gezeigt: Öffentliche Schulen sind auf ihre Schulhausmeister:innen angewiesen – Fachpersonal, das die Gebäude und ihre Anlagen kennt. Kurzerhand haben zuletzt am 13.03.2025 viele Schulträger Schulleitungen mit der In- und Außerbetriebnahme der Gebäude beauftragt; während gleichzeitig vielfach keine Schulverwaltungskräfte, kein Mensapersonal und keine Schulbusse zur Verfügung standen. 

Rechtlich bezog sich z.B. die Landeshauptstadt Hannover dabei auf §111 Abs. 2 NSchG, wonach die Schulleitung im Abwesenheitsfall der Schulhausmeister:innen für den ordnungsgemäßen Zustand der Schulanlage zu sorgen habe. Von einer Regressandrohung untermauert betonte das Schulamt, dass: „die Schulleitung allgemein bekannte Handgriffe zu übernehmen hat (Schulöffnung, Einschaltung des Stromkreislaufs, Öffnung des Hauptwasserhahns).“ 

Vernachlässigt worden ist dabei das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 02. März 1993 (- 1BvR 1213/85 -), demzufolge der angeordnete Streikbruch durch Beamtinnen und Beamte als Aushöhlung der Tarifautonomie verfassungswidrig ist.1 Und die Praxis? Vor allem in größeren Systemen und bei maroden Gebäuden mit „gewachsenen“ technischen Anlagen erfordert die Inbetriebnahme bis zu zwei Stunden und die Außerbetriebnahme ebenfalls. Die Bedienung komplexer Schließ- und Alarm- 

anlagen sowie von Lüftungs- und Heizsystemen über mehrere Schaltzentralen ging über „allgemein bekannte Handgriffe“ weit hinaus. Faktisch sind Arbeitszeiten von 06:30-22:30 Uhr für Schulleitungen entstanden. Viele Schulen mussten Teilschließungen anordnen, einige konnten gar nicht erst öffnen. 

Die Streiksituation veranschaulicht brennglasartig ein Grundsatzproblem: Der §111 NSchG bildet an vielen Standorten die Grundlage dafür, dass Schulträger sich aus ihrer Verantwortung für ihre Schulanlagen auf Kosten von Landesbeamtinnen und -beamten in Führungspositionen zurückziehen. 

Angesichts der vielfach dokumentierten Überlastung von Schulleitungen2, nachgewiesenen Wochenarbeitszeigen von mehr als 55 Stunden, zahlreichen Vakanzen v.a. an kleinen Grundschulen, zunehmenden Entpflichtungsanträgen und BEM-Verfahren nach langer Erkrankung sowie Zufriedenheitswerten im Tiefflug3 ist das schlicht grotesk. Vor allem in kleineren Schulen und eher im ländlichen Raum ist es an der Tagesordnung, dass… 

  • Schulhausmeister:innen einer Stammschule überhaupt nicht zur Verfügung stehen, sondern für ein halbes Dutzend voneinander entfernt liegender Schulen eingesetzt sind (sogenannte „Poolmodelle“), 
  • Schulhausmeister:innen, die ihren Aufgaben nicht, nur teilweise oder unzulänglich nachkommen, erfolgreich den Schutz von Personalstellen ihrer Schulträger suchen, die für sie zuständig sind, aber keine Verantwortung übernehmen. Die Vorgesetztenfunktion nach §43 (2) NschG trifft vielfach auf Ablehnung.
  • Schulleitungen nicht nur ausnahmsweise, sondern dauerhaft Aufgaben wie die Koordination von Handwerker:innen, Schließdienste auch weit außerhalb regulärer Arbeitszeiten, die Aufsicht über das Reinigungspersonal und Maßnahmen zur Sicherung der Verkehrswege ausüben – z.B. das Streuen der Außentreppen bei Glatteis.
  • Schulleitungen als „Troubleshooter“ im Alltag auch schon einmal den Klassenraum vor dem Elternabend durchfegen, in der kleinen Pause das Toilettenpapier auffüllen, auf dem Schulhof den Müll einsammeln oder im Notfall Erbrochenes aufwischen, die Lieferung mit Kopierpapier auf Paletten annehmen und verteilen, Möbel zusammenbauen, Gardinen aufhängen… 
  • Eine analoge Situation herrscht an vielen Standorten in den Schulsekretariaten, deren Personalausstattung bei weitem nicht die Unterrichtszeiten abdeckt. Auch hier ist es längst Standard, dass die Schulleitung den Telefondienst übernimmt, die Post bearbeitet und den Kalender pflegt. 
  • Der Schulleitungsverband Niedersachsen e.V. ist nicht bereit, diese unbefriedigende Situation länger zu tolerieren. 

Wir fordern daher: 

1. Die Kommunalen Spitzenverbände entwickeln Standards für die Ausstattung der Schulen mit Schulhausmeister:innen und Schulverwaltungskräften, die vom Stammschulenprinzip ausgehen, „Poolmodellen“ eine Absage erteilen und keine Schule mit weniger als ½ Schulhausmeister:instelle und ½ Schulverwaltungskraft ausstatten. 

2. Das Kultusministerium erarbeitet eine Präzisierung des §111 NSchG mit dem Ziel, eine grundsätzliche Delegation von Schulträgeraufgaben an Schulleitungen zu untersagen. 

Dr. Rene Mounajed, Stephan Lindhorst, Carsten Melchert, Judith Brandes-Bock
Matthias Aschern, Katja Tank