Forderungen des SLVN zur Landtagswahl 2022

01.10.2022

Schulstruktur-Debatte unter einem erweiterten zukunftsfähigen Bildungsbegriff

Wenn Bildung von heute differenziertes, individualisiertes und kompetenzorientiertes Lernen bedeutet, dann…

  • … gilt mehr denn je, dass wir keine Fächer unterrichten, sondern Kinder und junge Menschen.
  • … bedeutet es, dass Bildung heute mehr ist als die Vermittlung von reinen Fachinhalten.
  • … kann die Kompetenzentwicklung nur in offenen Strukturen erreicht werden und nicht durch starres Fächer- und Strukturdenken (Unterrichtszeiten, …)
  • … muss man einsehen, dass die vorhandene Struktur zu Verlusten in ALLEN Schulformen führt und in letzter Konsequenz viele gescheiterte Existenzen produziert.
  • … müssen die zu bewältigenden gesellschaftlichen Aufgaben von ALLEN Schulformen übernommen werden.
  • … muss klar sein, dass die Schulen mit umfassenden Ressourcen gleichwertig ausgestattet werden müssen, weil alle die gleichen Herausforderungen meistern.
  • … sind multiprofessionelle Teams ein Muss und erforderlich, um Bildung und Betreuung gleichberechtigt nebeneinander zu haben.
  • … sind Schule und Bildung systemrelevant und brauchen ausreichende Ressourcen.
  • … benötigen Schulleitungen Ressourcen, um Schulen innovativ zu leiten.

Die Forderung nach differenzierter, individualisierter und kompetenzorientierter Bildung macht die aktuellen Probleme und Widersprüche deutlich:

  • Anspruch und Wirklichkeit passen nicht zueinander, denn das vorhandene System kann den Anforderungen der Gesellschaft an Bildung heute nicht gerecht werden und produziert Verlierer auf allen Ebenen. Eine Wirklichkeit, die die bestehenden Probleme angeht, benötigt mehr als Hochglanzbroschüren.
  • Das Berufsbild-Schulleitung ist weiterhin unklar. Es muss geschärft werden und den Zustand der Hochglanzbroschüre verlassen.
  • Eine hierarchisierte Schulstruktur, die sich u.a. bemerkbar macht in Besoldung, Leitungszeit und Ausstattung, verhindert eine hierarchiefreie Bildungslandschaft, fördert eine Aufteilung in eine schulische Klassengesellschaft und wirkt einer demokratischen Erziehung entgegen.
  • Ein einheitliches Verständnis von „Inklusion“ liegt nicht vor.
  • „erzwungene Schulformwechsel“ sind zutiefst demütigend und undemokratisch, aber dennoch Alltag.

Um das Bildungsland Niedersachsen für die Zukunft aufzustellen, reichen keine Slogans vor der Wahl. Es gilt die aufgezeigten Probleme anzupacken und die seit langem bestehenden Forderungen umzusetzen:

  • Gute Bildung kostet Geld und die Qualität von Bildung darf nicht durch das Finanzministerium definiert werden. Deshalb müssen Ressourcen deutlich aufgestockt und gerecht auf alle Schulformen verteilt werden.
  • Lehrmittelfreiheit für alle Schüler*innen, wozu auch digitale Endgeräte gehören.
  • Um neue und gut ausgebildete Lehrkräfte in allen Schulformen zu finden, muss die Besoldungsgerechtigkeit umgesetzt werden.
  • Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Schulen ist der Schlüssel für lösungsorientiertes Arbeiten vor Ort. Die Schulleitungen benötigen viel mehr Entscheidungsbefugnisse und Vertrauen in ihre Kompetenzen.
  • Wenn der Beruf Schulleitung ernst genommen wird, braucht es eine Akademie und keinen Crash-Kurs.
  • Ein Denken in Schulformen engt ein – und zwar auf allen Ebenen. Deshalb muss die Behördenstruktur angepasst und in Primarbereich-, SEK 1 Bereich- und SEK 2 Bereich differenziert werden.
  • Multiprofessionelle Teams müssen an allen Schulen etabliert und eine angemessene Aus- und Weiterbildung für sie Lücke sichergestellt und Standards definiert werden.
  • Die Lehrkräfteausbildung muss reformiert werden. Möglich sind Modelle wie ein gemeinsames BA-Studium und eine Spezialisierung im Masterstudium, oder ein duales Studium – analog des Modells im BBS-Bereich.
  • Für die Inklusion gilt: Alle Schulen sind inklusive Schulen! Inklusion muss von jedem Kind aus gedacht werden. Die Ressourcen müssen deutlich erhöht werden und bis dahin gilt es, den Mangel gerecht zu verteilen.
  • Ein wichtiger Bestandteil für eine zukunftsfähige Bildungslandschaft ist das individualisiertes Lernen, was zur Konsequenz hat, dass an allen Schulformen alle Abschlüsse möglich sind und ein Schulwechsel demnach unnötig ist.

Dr. René Mounajed | Stephan Lindhorst | Judith Brandes-Bock | Carsten Melchert |  Katharina Badenhop |
Andrea Kunkel | Gregor Ceylan | Timo Heiken | Ann-Charlott Meinen| Angelika Meyer