Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Zweifellos: Die Umstellung der Besoldung für Lehrkräfte auf A13 zum 01.08.2024 gehört –
auch im Vergleich mit anderen Bundesländern – zu den größten Errungenschaften nicht nur
der aktuellen Legislatur. Administrativ scheint dieser Prozess den Verantwortlichen jedoch
vollständig entglitten zu sein. Am 31.07.2024 teilt das Regionale Landesamt für Schule und
Bildung den niedersächsischen Schulleitungen im Auftrag des MK in aller Unverfrorenheit
per Erlass mit:
„Umstellung der Besoldung für Lehrkräfte auf A 13 und Fachpraxis-LK
auf A10 (auch an Gesamtschulen):
Hierfür müssen alle Personen-Daten zum Status Beamte/r bzw. Tarifbeschäftiger oder
Tarifbesch.S, Amts- und Dienstbezeichnungen auch bei Funktionsstellen sowie Besoldung einzeln neu eingegeben werden.“
Damit delegiert das Landesamt ausgerechnet in der heißen Phase des Schuljahresbeginns
eine umfängliche und komplexe Verwaltungsaufgabe zu rein statistischen Zwecken an die
Schulleitungen bzw. Ständigen Vertretungen – wo es sie denn gibt. Warum tut die Schulbehörde ihre Arbeit nicht selbst? Ganz einfach:
„Leider können wir Ihnen an dieser Stelle nicht weiterhelfen, da auch in der Behörde
und in unseren Personalverzeichnissen noch keine genauen und richtigen Daten vorliegen.“
Im Klartext: Dem Land liegen keine aktuellen und gültigen Daten zum Status und zur Besoldung der verbeamteten und angestellten Lehrkräfte in Niedersachsen vor. Unfassbar und
doch glaubhaft: Sie wissen es einfach nicht. Ist jemand auf die Idee gekommen, das NLBV um
Amtshilfe zu bitten? Oder geht da auch zwischen Behörden niemand ans Telefon?
Denken wir einen Schritt weiter: Die Schulleitungen wissen es auch nicht. Die aktuelle 14-
seitige Besoldungstabelle (Nds. Gesetz und Verordnungsblatt 77, Nr. 24, 19.12.2023) auf
jede einzelne Lehrkraft anzuwenden, ist mühselig und führt nicht notwendig zu richtigen
Ergebnissen. Zum Glück weiß MK auch hier weiter: Fragen wir doch einfach die Betroffenen.
Der folgende Verfahrenshinweis ist die Pointe des ganzen Amateurtheaters:
„Hilfreich könnte es sein, an das gesamte Personal – auch abgeordnete Zugänge –
einen Abfragebogen auszugeben und diesen dann entsprechend einzugeben.“
Stellen wir uns einmal vor, ein großer privater Arbeitgeber würde einen Fragebogen an die
Mitarbeitenden herausgeben, um in Erfahrung zu bringen, was diese verdienen. Eine abenteuerliche Idee – die Personalabteilung könnte unter Hohngelächter nach Hause gehen. Wo
aber beginnt das Schamgefühl des Landes? Wir finden es nicht. Stattdessen hat man sich
Gedanken über die Selbstorganisation der Schulleitungen gemacht:
„Für Ihren internen Ablauf wird es sicher den Aufwand dann minimieren, wenn diese
Daten sobald möglich – vor Stichtag – schon in das Statistikmodul eingegeben oder in
einer separaten Liste vorbereitet werden. (…) MK empfiehlt, bereits mit den Eingaben
zu beginnen, sobald das Portal Ihnen vorliegt und geöffnet ist. Dies minimiert erheblich den zeitlichen Stress um den Stichtag herum.“
Hier sind Qualitäter am Werk: Fängst du früher an, bist du eher fertig. In die Hände geklatscht! Vorentlasten Sie sich doch selbst und sorgen Sie so für ein entschleunigtes Gefühl.
Demgegenüber erscheinen die anderen Vorgaben des Statistik-Erlasses eher läppisch: Weiterhin grotesk sind die hohen Auflagen zur Geltendmachung von Zusatzbedarfen für Schwimmunterricht. Dass die flexiblen Abholzeiten in Ganztagsschulen dazu führen, dass
Schüler:innen, die an weniger als zwei Stunden Aktivität teilnehmen, nicht mehr gezählt
werden – also völlig ohne Ressourcen „mitlaufen“ – ist allerdings neu und erzeugt ein hochfrequentes Piepen im Ohr.
Das Vorgehen des MK steht in groteskem Widerspruch zur Konzeption der Eigenverantwortlichen Schule und zu allen Verlautbarungen der Kultusministerin und ihres Vorgängers zur
Entlastung der Schulen von Verwaltungsaufgaben. Das ist Doublethink vom Feinsten: Wenn
das Land mit den Themen Umsatzsteuer, Vergaberecht und Datenschutz ebenso „subsidiär“
umgeht, werden Schulleitungen endgültig selbst zu den Verwaltungsassistenzen, die ihnen
versprochen wurden
Der Schulleitungsverband fordert
• die sofortige Rücknahme des o.g. Erlasses hinsichtlich der händischen Eingabe von Stammdaten
• die volle Zählung aller Kinder im Ganztag ungeachtet der Abholzeiten und
• die prinzipielle Bewilligung einer zweiten Lehrkraft im Schwimmunterricht.
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Dr. René Mounajed | Stephan Lindhorst | Judith Brandes-Bock| | Carsten Melchert |
Matthias Aschern